Franziska Friedrich

Franziska Friedrich, Lehrperson Volksschule

Kann man jemanden nach 38 Jahren überhaupt würdig genug verabschieden? Können Worte, Gesten, Geschenke und Reden das Commitment aufwiegen, das in dieser Zeit der NMS geschenkt wurde? Gelingt es, das Engagement, die Qualität der täglich geleisteten Arbeit und die Begeisterung im Begleiten der Kinder sichtbar zu machen? Eine Rede oder ein würdigender Text kann erlebte Situationen in Erinnerung rufen und wieder aufleben lassen. Werden die ausgewählten Anekdoten aber der zu würdigenden Person gerecht?

Diese Fragen beschäftigten mich, als es darum ging, eine Verabschiedungsrede für Franziska Friedrich vorzubereiten. Es gibt ja keine Masseinheit für Begriffe wie Commitment, Engagement, Qualität und Begeisterung. Man könnte zwar gewisse Berechnungen ausführen, deren Resultate einen staunen liessen: Zum Beispiel könnte man ausrechnen, wie viele Schüler*innen Franziska Friedrich in diesen 38 Jahren unterrichtet, begleitet und nachhaltig geprägt hat. Auch die Arbeitsstunden, die sie an der NMS geleistet hat, sind beachtlich. Eine Rechnung gefiele mir besonders gut: Franziska Friedrich hat immer voll engagiert und mit viel Herzblut unterrichtet: Überwältigend muss die Zahl ihrer Herzschläge sein, die sie der NMS und ihren Lernenden während ihres Berufslebens geschenkt hat.

Aber es sind ja nicht die Zahlen, sondern die gemeinsamen Geschichten, welche das Wesen einer Person zeigen. Und Geschichten gibt es nach 38 Jahren einige. Franziska Friedrichs Geschichte an der NMS begann nach ihrer Matura, welche es ihr erlaubte, eine verkürzte Ausbildung am Lehrerinnenseminar der NMS zu absolvieren. Im Abschlusspraktikum überzeugte sie den damaligen Direktor, Ernst Preisig, derart, dass er ihr eine Stelle an der NMS anbot. Franziska Friedrich griff dankbar zu – damals herrschte ein Überschuss an Lehrpersonen – und blieb.

In den darauf folgenden 38 Jahren erlebte und gestaltete Franziska Friedrich NMS-Geschichte. So arbeitete sie unter vier verschiedenen NMS-Namen (Neue Mädchenschule, Neue Mittelschule, Pädagogisches Ausbildungszentrum NMS, NMS Bern), erlebte einen Direktor, eine Direktorin und nun wieder einen Direktor, unterrichtete zuerst im Hauptgebäude, zog um in den Aarhof, wurde während des Aarhof-Umbaus in die Räumlichkeiten der Volkshochschule an die Brunngasse umquartiert und kehrte anschliessend zusammen mit der gesamten Volksschulabteilung wieder in den Aarhof zurück. Dieser Aarhof wurde übrigens in regelmässigen Abständen von Hochwassern heimgesucht. Da galt es, Nachtwache zu halten, was zu unvergesslichen, abteilungsübergreifenden und nicht enden wollenden Jassrunden führte, damit alle wach blieben. Glücklicherweise ist heute die Hochwassergefahr dank der guten Gewässerregulierung deutlich geringer und die Zeit der Nachtwachen scheint Geschichte zu sein. (Fast schade…)

 

Franziska Friedrich hat während ihrer Zeit als Lehrerin drei Lehrpläne erlebt und dabei – dem gesellschaftlichen Wandel folgend – deren pädagogische Anliegen umgesetzt, neue Settings entwickelt, wieder verworfen, um noch Besseres zu testen. Von Werkstattunterricht und Wochenplänen über individuelle Lernziele zu den aktuell geforderten reichhaltigen Aufgaben hat Franziska Friedrich ihren Unterricht immer so vorbereitet, dass dieser für die Kinder interessant und ansprechend war. Und «ihre» Kinder standen für Franziska Friedrich im Zentrum. Das konnte ich als Französisch-Lehrperson, die an ihrer Klasse unterrichten durfte, beobachten: So erlebte ich sie als Lehrerin, die mit grossem Engagement Lern- und Lehrsettings gestaltete und neben den schulischen Inhalten viel Wert auf das Zusammenleben und die Klassengemeinschaft legte. Ich erinnere mich an Ausflüge, Landschulwochen, Skilager, Discos, Bibliotheksnächte, Adventstees mit Geschichten in einem unglaublich schön dekorierten Klassenzimmer, an Spielanlässe und vieles mehr. Das alles waren Höhepunkte im Schulleben der Kinder und wir reden noch heute davon. Nie war ihr ein Aufwand zu gross, wenn es darum ging, die Kinder etwas Besonderes erleben zu lassen.

Franziska Friedrich war auch eine sehr engagierte Kollegin. Vieles tat sie für ihr Team aus dem simplen Grund, weil es den anderen guttat. Das wurde vom Team enorm geschätzt. Sie strahlte Ruhe und Sicherheit aus und ging Herausforderungen mit einem gewissen Pragmatismus an, was in hektischen Zeiten auf alle beruhigend wirkte. Immer wieder staunte ich über ihre vortreffliche Beobachtungsgabe: Sie konnte mit wenigen Worten eine Situation wunderbar zusammen mit einer schönen Prise Humor auf den Punkt bringen. Wie oft haben wir gemeinsam gelacht! Viele Sitzungen beendeten wir mit einem gemütlichen Apéro. Dass ich als Schulleiterin dazu eingeladen wurde, hat mich immer sehr gefreut und geehrt!

Und nun soll das alles vorbei sein? Franziska Friedrich hat stets betont, dass sie mit dem Unterrichten aufhören und etwas Neues beginnen werde, solange ihr alle Arbeiten noch Freude bereiten und solange sie vom Beruf noch begeistert sei. Jetzt hat Franziska Friedrich sich entschlossen, in Pension zu gehen. Deshalb dürfen wir annehmen, dass es für sie ein guter Moment und eine gute Entscheidung ist.

Eine ihrer Kolleginnen hat einmal gesagt, sie könne sich eine NMS ohne Fränzi gar nicht vorstellen. Ganz verzichten müssen wir aber nicht auf Franziska Friedrich, denn sie hat uns ihre Mitarbeit zugesagt am geplanten Zirkusprojekt «Luna», das wir an der Primarstufe im Juni 2024 durchführen werden. Auf diese «Rückkehr» freuen wir uns jetzt schon!

Marianne Lüdi
stv. Rektorin Volksschule

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