Dominik Baumgartner

Rektor VS und stellvertretender Direktor

Mit der Pensionierung von Dominik Baumgartner verlieren wir ein Schulleitungsmitglied, das während fast vier Jahrzehnten massgeblich zur Profilierung der NMS Bern beigetragen hat – zuerst als Lehrperson an der «Seminarübungsschule (SUES)», schliesslich als Rektor der Volksschule und als stellvertretender Direktor.

Dominik Baumgartner war im schulischen Kontext ein kreativer Rebell mit einem grossen Herz für Kinder und Jugendliche:

Die Schule hat ihn so, wie sie während vieler Jahrzehnte tradiert wurde, in vielen Bereichen nicht überzeugt. Ihn interessierte die Frage, wie die Schule junge Menschen – unabhängig von deren schulischer Leistungsfähigkeit – auf ihrem Weg zur Selbständigkeit unterstützen kann. Er war überzeugt, dass nicht Gehorsam zur Mündigkeit führt, sondern Einsicht, verbunden mit Engagement und der Bereitschaft, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Er traute Kindern und Jugendlichen viel zu. Dieses Zutrauen galt aber auch seinen Lehrpersonen: Er war davon überzeugt, dass er zusammen mit seinem Kollegium eine Schule kreieren kann, die die Jugendlichen in ihren Entwicklungsaufgaben besser unterstützt. Er glaubte daran, dass nicht nur die Lernenden davon profitieren würden, sondern auch die Lehrpersonen, weil die individuelle Begleitung der Jugendlichen zwischen Lernenden und Lehrenden eine vertrauensvolle Beziehung etabliert. Dort, wo das gelingt, kommt es zu weniger Konflikten und in den Förderprozessen zu vielen schönen Momenten des gemeinsamen Erfolgs.

«Lernwelt» nannte Dominik Baumgartner dieses Konzept, in welchem kurze Phasen der Wissensvermittlung in den Klassenzimmern mit längeren Phasen in anderen, vielfältigen Umgebungen abwechselten, so dass die Lernenden ihren Bedürfnissen entsprechend Aufträge angehen und dabei die Lerninhalte verarbeiten, üben und automatisieren konnten.

Nach diesem Grundprinzip funktioniert das Konzept seit bald 25 Jahren. Es wurde kontinuierlich optimiert und in gewissen Aspekten den Veränderungen der Zeit angepasst, so dass es auch heute noch ein überzeugendes pädagogisches Modell darstellt.

Die Lernwelt hat innerhalb und ausserhalb der NMS auf sich aufmerksam gemacht: Die Fachmittelschule der NMS hat das Konzept auf die Bedürfnisse einer Maturitätsschule und für Lernende im jungen Erwachsenenalter adaptiert. Es wird dort «Pädagogische Lernumgebung Sek II» oder kurz «PLUS» genannt und ist aus dem Ausbildungskontext unserer FMS nicht mehr wegzudenken.

Dass die «Lernwelt» auch ausserhalb der NMS Beachtung gefunden hat, zeigt der Umstand, dass in den letzten Jahrzehnten viele Kollegien anderer Schulen aus dem Kanton Bern und aus der ganzen Schweiz die Volksschule der NMS besucht haben, um die «Lernwelt» kennenzulernen. Mittlerweile hat das Lernwelt-Konzept an vielen staatlichen Schulen Einzug gehalten. Derweil hat Dominik Baumgartner aber unsere «Lernwelt» mit neuen innovativen Elementen ergänzt (beispielsweise mit unterschiedlich profilierten Abschlussklassen, die den Lernenden helfen, sich auf diejenige weiterführende Ausbildung vorzubereiten, die sie für sich nach der obligatorischen Schulzeit ins Auge gefasst haben). Er hat aber auch die Lern-Lehr-Settings der Primarschulstufe weiterentwickelt, so dass auch diese Lernenden noch besser auf unsere Lernwelt vorbereitet sind. «English Day», «Forscherstunde» oder der «Forscher-Halbtag» sind derartige Neuerungen, die auf Initiativen von Dominik Baumgartner zurückgehen.

Dominik Baumgartner demonstrierte, was einen innovativen Berufsmann ausmacht: Herzblut für das Berufsfeld; fundierte Sachkenntnis; pädagogisches Geschick; einen unversperrten Blick auf Probleme; Fantasie; die Fähigkeit, andere für seine Ideen zu gewinnen; den Mut und die Tatkraft, um eine Idee konkret und konsequent umzusetzen; das Sensorium, sich mit Menschen zu umgeben, die mit ihren Fähigkeiten das Projekt weiter verbessern; das Durchhaltevermögen, um durch kontinuierliche Verbesserung aus einem ersten Versuch ein im Alltag funktionierendes Konzept reifen zu lassen; die Fähigkeit, Eltern und andere Berufsleute von den Vorzügen seines Konzepts zu überzeugen.

Das Beispiel der «Lernwelt» demonstriert, dass Erfolg kein Zufall, sondern das Ergebnis langer und harter Arbeit ist: Unter Einbezug der Zeit, die die «Lernwelt» brauchte, um im Kopf von Dominik Baumgartner zu einem umsetzbaren Plan zu reifen, hat er bis heute drei Jahrzehnte kontinuierlicher Arbeit investiert. So ist eine Kultur des Lernens gewachsen, die im Aarhof überall spürbar ist und die etwas Magisch-Anziehendes und etwas Ansteckendes hat.

Als Dominik Baumgartner 1995 Leiter der «Seminarübungsschule (SUES)» wurde, war sie ein «Anhängsel» des damaligen Lehrerinnen- und Lehrerseminars. Heute ist die Volksschule der NMS eine profilierte Abteilung, die insbesondere für unser Gymnasium im doppelten Sinn eine wichtige Zubringerfunktion hat: Zum einen setzt ein namhafter Teil unserer VS-Lernenden ihren schulischen Weg am Gymnasium der NMS fort. Zum anderen sind diese Lernenden das selbständige und eigenverantwortliche Lernen gewöhnt, so dass sie den von aussen neu Hinzukommenden helfen können, diese Lernkultur am Gymnasium der NMS zu etablieren.

Wer sich mit der heutigen NMS identifiziert, identifiziert sich mit der Arbeit von Dominik Baumgartner: Seine Arbeit hat die NMS verändert. Sie prägt die heutige NMS – nicht nur an der Volksschule. Sie materialisiert unser Menschenbild. Sie erweckt unsere Werte, die sich in unserem Leitbild und in unserer Vision spiegeln, zum Leben. Und ein gutes Stück davon wurde beispielgebend für andere Schulen, so dass Dominik Baumgartner auch zur Veränderung der schulischen Welt ausserhalb der NMS beigetragen hat: Was anfangs manchenorts Widerstand ausgelöst hat, ist heute pädagogischer «state of the art».

Lieber Dominik, ich hoffe, dass du auf dein berufliches Lebenswerk ebenso stolz bist, wie ich mich glücklich schätze, dass du deine Schaffenskraft unserer NMS und unseren Lernenden geschenkt hast. Dafür werden wir dir stets verbunden bleiben.

In grosser Dankbarkeit

Prof. Peter Heiniger
Direktor


(Berufs-)biografische Eckdaten von Dominik Baumgartner

  • 42 Berufsjahre, davon 37 an der NMS und davon 26 in leitender Funktion
  • Geboren in Basel: 1959
  • Besuch der 1. Klasse in Berkeley, CA (USA)
  • Besuch der 2.-5. Klasse in Benken (Biel)
  • Besuch der 6.-9. Klasse an der Freien Evangelischen Schule Basel
  • Absolvierung des Evangelischen Seminars Muristalden
  • Erwerb des Primarlehrpatent: 1981
  • Studium an der Universität Bern am Sekundarlehramt
  • Erwerb des Sekundarlehrpaten: 1986 (Mathematik, Geschichte, Turnen)
  • Als Lehrperson tätig seit 1981
  • Anstellung an NMS (damals noch Neue Mädchenchule): 1986
  • Heirat und Familiengründung: 1987
  • Wahl zum Abteilungsleiter der «Seminarübungsschule (SUES): 1995
    (2002 – mit der Schliessung des Lehrerinnen- und Lehrerseminars und des Kindergärtnerinnen- und Kindergärtnerseminars – wurde aus der Abteilung SUES die Abteilung Volksschule (VS) und Dominik Baumgartner wurde erster Rektor der VS)
  • Ernennung zum stellvertretenden Direktor der NMS: 2016

 

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